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Römische Straßen
Das Straßensystem"Alle Straßen führen nach Rom" sagte man schon in der Antike. Es bedeutete eigentlich, daß man auf verschiedene Arten zu den letzten Wahrheiten gelangen konnte, aber wörtlich genommen hat diese Redensart auch einiges für sich, denn alle großen Straßen scheinen sternförmig auf Rom zuzulaufen.
Schon 450 v. Chr. legte das Zwölftafelgesetz (Einstiges Stadtrecht der republikanischen Stadt Rom) die Straßenbreite fest: "Die Wegbreite ist [...] im geraden Stück acht Fuß (2,48 m), bei Biegungen sechzehn Fuß (4,96 m)." Die Straßen mußten in den Kurven größer sein, da die Römer recht primitive Wagen hatten, die nur selten mit einer schwenkbaren Vorderachse ausgestattet waren. Die ersten römischen Straßen waren recht einfache Anlagen. Sie bestanden nur aus festgestampfter Erde, die mit Kies beworfen wurde. Mit der Zeit sammelten die Römer dann Erfahrungen im Straßenbau, doch man ist sich heute einig, daß sie die Grundlagen für den Bau ihrer Pflasterstraßen von dem ebenso begabten wie geheimnisvollen Volk der Etrusker übernahmen, die bereits ca. 400 v. Chr. die ersten gepflasterten Straßen besaßen.So kam es, daß 312 v. Chr. der Censor Claudius Appius Caecus veranlaßte, die Via Appia anzulegen, als Ergänzung zu der 334 v. Chr. gebauten Via Latina, die Rom mit der neuerworbenen Kolonie Calvi bei Capua (ca. 150 km entfernt) verband. Zu Anfang war die Via Appia eine Kiesstraße von 6 m Breite. Im Gegensatz zur Via Latina, die eine einfache Verbindung darstellte, sollte sie dazu dienen, feindliche Völker im Süden Italiens zu unterwerfen. 244 v. Chr. bis Brundisium (Brindisi) verlängert und von 295 bis 123 v. Chr. gepflastert, stellte sie für mehrere Jahrhunderte die Vollendung der Bautechnik dar und viele andere Straßen wurden nach ihrem Vorbild erbaut. Erst im 1. Jh. n. Chr. als die militärischen Beweggründe für den Straßenbau an Wichtigkeit abnahmen und der Reisekomfort überwog, kehrte man zu den Kiesstraßen zurück, allerdings in etwas verbesserter Form. Sie besaßen jetzt ein Fundament, ähnlich dem der Pflasterstraßen. Der Vorteil der gekiesten Straßen war, daß Wagen darauf komfortabler rollten. Für etwa ein Jahrhundert existierten diese beiden Bauarten nebeneinander, doch ab dem 2. Jh. n. Chr. wurden nur noch Kiesstraßen angelegt. Die Gründe für diesen Wandel finden sich auch in der Ausdehnung des römischen Reiches, denn in vielen außeritalischen Gegenden gab es keine Steine wie Lava oder Basalt, die als Straßenpflaster geeignet waren.Der Wunsch nach mehr Reisekomfort veränderte auch die Straßenführung. Es wurde auf geringe Steigung (früher bis zu 15 %) und direkte Verbindungen geachtet. Wo die Gegend sich widersetzte, wurde sie angepaßt. So wurden Hügel eingeschnitten, kleine Seitentäler mit Dämmen oder Viadukten überquert, Senkungen aufgeschüttet, neue Brücken gebaut und sogar Tunnel von mehreren hundert Metern Länge gegraben. Anstelle der 450 v. Chr. vorgeschriebenen Straßenbreite von 2,48 m bzw. 4,96 m und der 3,5 - 4 m (+ 2 m Bürgersteig) der Pflasterstraßen, hatten sie jetzt eine Breite von mindestens 6 - 8 m, einzelne Prachtstraßen brachten es sogar auf 12 m. In dieser Zeit entstanden de meisten der schnurgerade durch die Landschaft geschnittenen Strecken, die für viele ein Merkmal der römischen Straßen sind.
Die TechnikNach den geschichtlichen Details jetzt zu den technischen: Zu den alten Kiesstraßen gibt es nicht viel zu sagen. Für sie wurde der Untergrund festgestampft und mit Kies beworfen.Die Beschreibung der Pflasterstraßen dagegen ist etwas komplizierter, allein deshalb, da sie häufiger erhalten blieben und uns über sie mehr überliefert wurde. Der Bau einer römischen Straße stellte ein komplexes Vorhaben dar. Bei der Planung strebte man an, stets die kürzeste Entfernung zu wählen, d.h. möglichst gerade Linien zu ziehen. Um natürliche Hindernisse wie Berge, Täler, Sümpfe zu überwinden, scheute man sich nicht, Erdwälle aufzuschütten, Brücken zu bauen, Sümpfe trockenzulegen oder gar Tunnel zu graben, was allerdings seltener der Fall war. Wenn das nicht ging, baute man die Straße steil hinauf oder hinab. Umwege wurden nur im Notfall gemacht. Nach den notwendigen Messungen des Landvermessers zog man rechts und links von der späteren Straße Gräben, die das Regenwasser ableiteten. Dazwischen wurde ein Graben ausgehoben, der bis zu anderthalb Meter tief sein konnte. Dieser wurde dann in verschiedenen Schichten mit am Ort befindlichen Materialien gefüllt. Als Fundament diente dabei eine Schicht aus Steinplatten. Die Fugen wurden mit einem Vorläufer des heutigen Betons ausgefüllt. Darüber folgte eine Schicht mit grobem Schotter und darüber eine Schicht mit feinem Schotter oder Kies. Diese beiden Schichten sollten zur Entwässerung dienen. Auf diesem Untergrund wurden schließlich die großen Steinplatten verlegt, die meist unregelmäßig geformt waren. Zum Schluß wurde die Straße glattgestampft, so daß sie zu den Seiten sanft abfiel und so das Regenwasser in die Gräben ablief.
Sobald die Arbeit beendet war, konnte die Straße an den Rändern durch Steinreihen begrenzt und Meilensteine gesetzt werden. Beim Bau war natürlich ein Architekt anwesend, der sich um bestimmte Probleme, wie das Überqueren eines Flusses oder einer Schlucht kümmerte. Es verwundert nicht, daß die meisten Straßenbauexperten der
Armee angehörten, denn, wie bei ihrer Streckenführung am deutlichsten wird,
dienten diese Straßen meistens militärischen Zwecken: Als Vorbereitung zum Bau einer solchen Straße wurde zuerst einmal in einer Breite von 60 m auf jeder Seite die Gegend gerodet, um Angriffen aus dem Hinterhalt vorzubeugen und dann der Boden bis zu einer festen Sohle abgetragen, oder, wenn dies nicht ging, mit Holzpfählen verstärkt. Als nächstes wurden im Abstand von 12 - 15 Metern zwei Längsgräben ausgehoben, die den Lauf der Straße festlegten und als Entwässerungsgräben dienten. Der Aushub dieser Gräben wurde zu einem bis zu einem Meter hohen Damm, agger (lat. für: Erdwall") genannt, aufgeschüttet, auf den eine Schicht Sand zum Planieren kam. Der agger machte die Straße zu einer leicht zu verteidigenden Stellung.
Nun folgte der Bau des eigentlichen Straßenkörpers (Die Terminologie dieses
Abschnittes entstammt den vagen Beschreibungen Vitruvs und kann sich auch auf
den Fußbodenbau beziehen.): Dies ist das Baumuster einer "perfekten" Straße und es ist nur natürlich,
daß bei normalen Straßen manchmal eine Schicht weggelassen wurde oder aus
einem anderen Material gefertigt wurde, wie z. B. bei der Via Annia (geht durch
Südetrurien), wo eine dicke Schicht kalkvermischter Ton die Steine des statumen
ersetzen mußte. Die fertige Straße verlief z. T. bis zu 2 Metern hoch über dem natürlichen Erdboden. Wenn die summa crusta des öfteren gewartet wurde, da es durch Feuchtigkeit, wechselnde Temperatur und starken Verkehr zu Verwerfungen und Abnützung kommen konnte, benötigten diese Straßen im Normalfall, aufgrund ihrer massiven Bauweise, erst nach ungefähr 100 Jahren größere Reparaturarbeiten. Die später gebauten Kiesstraßen hatten ein statumen wie die gepflasterten Straßen, auf das Kies geworfen wurde, der mit Hilfe von Walzen, die von Sklaven oder Ochsen gezogen wurden, verfestigt und von Randsteinen gehalten wurde. Ab und zu wurden auch diese Straßen an stärker belasteten Stellen, wie Ortseingängen, gepflastert, aber die einfacher zu wartenden Kiesstrecken überwogen.
Die Straßenarten, ihr Bau und ihre FinanzierungNach diesen Beschreibungen interessiert wahrscheinlich, wie der Bau eine Straße finanziert wurde und wer sich dafür abrackern mußte. Dazu muß man zwischen den drei Typen von Straßen unterscheiden. Die viae publicae ("Staatsstraßen") oder viae militares ("Heerstraßen") wurden zentral von Rom aus geplant, bezahlt und gebaut. So schreibt Diodorus Siculus, daß der Bau der Via Appia die öffentlichen Kassen total erschöpft habe. Außerdem ist von Julius Caesar überliefert, daß er, um den Straßenbau zu finanzieren, Sklaven verkauft habe und Statuen, die zu seinen Ehren errichtet worden waren, einschmelzen ließ. Aber der Staat konnte auch auf Unterstützung von Privatleuten hoffen, da diese ihren Namen gerne auf Meilensteinen sehen wollten. Um eine Vorstellung der Kosten zu bekommen, sei hier gesagt, daß im 2. Jh. n. Chr. die Wiederherstellung einer Meile der Via Appia 100.000 Sesterzen (knapp 20.000 DM) kostete. Die gesamte Via Appia mit ihren ca. 364 röm. Meilen (ca. 539 km) dürfte also etwa 6,7 Millionen DM gekostet haben. (Zum Vergleich: Ein Meter heutige Autobahn kostet ca. 11.000 DM. Umgerechnet auf die Via Appia wären das etwa 6 Milliarden DM, ungefähr die Hälfte des 1982 in Westdeutschland für Straßenbau und -instandhaltung ausgegebenen Geldes). Viae publicae wurden meistens von Soldaten und von zu Zwangsarbeit verurteilten Menschen gebaut. Die Armee wurde deshalb herangezogen, da sie z. B. 68/69 v. Chr. 360.000 Mann umfaßte, die aber nicht alle im Kriegsdienst standen und trotzdem bezahlt werden mußten, und anstatt nun zusätzlich Arbeitskräfte für den Straßenbau zu finden, war es billiger, Soldaten zu nehmen. Bei ihnen war diese Plackerei natürlich nicht sehr beliebt und es gab genug Drückeberger, wie z. B. Julius Apollinaris, von dem einige Briefe aus Ägypten an seine Eltern erhalten sind. Da er des Lesens und Schreibens mächtig war, bewarb er sich gleich zu Anfang als Librarius (Sekretär) und wurde prompt Legionslibrarius mit Aussicht auf Beförderung. Damit war er ein Principalis, ein Soldat, der aufgrund besonderer Aufgaben, wie Librarius oder Handwerker, von den allgemeinen Dienstleistungen, u. a. Straßenbau, freigestellt war. Julius Apollinaris frohlockte in einem Brief an seine Mutter: "Ich danke dem Gott Serapis und einem gütigen Schicksal. Während alle anderen den ganzen lieben langen Tag schuften und Steine klopfen, bin ich jetzt ein Principalis, stehe herum und brauche nichts zu tun." Die Soldaten kannten die Straßen aber nicht nur vom Bauen. Durch den Militärschriftsteller Vegetius ist uns überliefert, daß die Soldaten in den Sommermonaten in voller Ausrüstung (40 kg) einen Marsch von 20 - 24 röm. Meilen (ca. 45 - 53 km) in 5 Stunden absolvieren mußten. Hierbei entwickelten sie den Vorgänger des Stechschritts, um nicht über unebene Steinplatten im Pflaster zu stolpern. Im Gegensatz zu den Soldaten waren die Zwangsarbeiter arm dran, denn bei
Ausgrabungen entlang von Römerstraßen findet man des öfteren Skelette von
Strafgefangenen, die wahrscheinlich vor Erschöpfung starben und mitsamt ihren
Ketten verscharrt wurden. Es ist uns auch überliefert, daß es mit der
Rechtssicherheit nicht besonders weit her war, wenn gerade Arbeitskräfte für
den Straßenbau gesucht wurden. So genügte für einen Menschen aus einer
niederen Volksschicht, der auf keine Protektion zählen konnte, eine
Verurteilung wegen eines Garderobendiebstahls in einem Bad, wegen übler
Nachrede gegen eine Respektsperson oder wegen eines ähnlichen
"Schwerverbrechens". Manchmal wurden auch Tatbestände erfunden um die
Reihen der Gratisarbeitskräfte zu füllen. Die nächste Kategorie der Straßen waren die viae vicinales,
die Provinzstraßen. Sie mußten von Provinzen gebaut und unterhalten werden.
Auch größere Städte konnten verpflichtet werden, eine Straße zur nächsten
Ortschaft zu bauen. Hierfür standen selten Soldaten als Arbeitskräfte zur Verfügung,
sondern Sträflinge und Sklaven der Gutsherren, deren Besitz an die Straße
grenzte, machten die Arbeit. Dabei hatten es die Sklaven besser als die Sträflinge,
denn sie stellten lebendes Kapital ihrer Besitzer dar, das man nicht einfach
vergeudete.
Die Zuständigkeit für die StraßenÜber die Zuständigkeit für Straßenbau lassen sich keine eindeutigen Aussagen treffen. Das einzige, was man recht sicher weiß, ist, daß der Senat das letzte Wort hatte. So wird von Claudius Appius Caecus berichtet, daß er mit dem Bau der Via Appia begann ohne den Senat zu befragen, worauf sich ein großes Gezeter erhob und Drohungen mit Rücktritt oder Rausschmiß laut wurden, besonders da er auch fast das gesamte Jahresbudget verplant hatte. Ansonsten nimmt man an, daß vor dem 2. punischen Krieg (lat. für: "oberster Buckel") die Zuständigkeit bei den Censoren lag, aber es gibt nur 6 Fälle (u. a. die Via Appia), in denen zweifellos bewiesen ist, daß ein Censor der Erbauer war. Dagegen gibt es 28 Fälle in denen ein Konsul den Bau veranlaßte. Deshalb wird vermutet, daß ein Censor den Bau einer Straße veranlassen konnte, solange sie über staatlichen Boden (ager publicus, solum publicum) ging. Für alle anderen Fälle mußte ein Beamter mit dem sog. ius publicandi zuständig sein, d. h. ein Konsul, ein Praetor oder in den Provinzen ein Prokonsul. Sie konnten privaten Grund und Boden enteignen und ihn dem Straßenbau zur Verfügung stellen. Dies wird dadurch bestätigt, daß man mit Hilfe genauer Nachforschungen und Überlegungen, die auszuführen hier zu lange wäre, zu dem Schluß kommt, daß Claudius Appius Caecus die Via Appia wahrscheinlich nicht in einem Stück bis Capua bauen lies, sondern während seiner Zensur 312 v. Chr. den Bau der Via Appia über solum publicum bis Formiae (2/3 der Strecke Rom - Capua) veranlaßte. Später, zur Zeit seines Konsulats, wurde 307 v. Chr. die Via Appia bis Capua verlängert, wozu Claudius Appius Caecus kraft seines Amtes das benötigte Land beschlagnahmte. Was Gesetze in bezug auf den Straßenbau betrifft so scheint es eine lex viaria (Gesetz, die (Ausbesserung der) Wege betreffend) gegeben zu haben, auf das sich Plutarch bezieht, als er von den Bemühungen des Volkstribuns C. Gracchus um die italischen Straßen berichtet. Für die Verwaltung der Straßen waren anfangs Offiziere oder Aedile zuständig. Julius Caesar machte sich später zum curator viarum (Verwalter der Straßen) und Augustus bestellte schließlich eigene Beamte dazu (viarum curatores).
Die Namengebung der StraßenBei der Namengebung der Straßen lassen sich genauso wenig
sichere Aussagen machen. Es scheint kein einheitliches System gegeben zu haben.
Die Gründe für den Bau der Straßen und ihre BedeutungAls die Römer um 300 v. Chr. anfingen systematisch Straßen anzulegen, geschah es hauptsächlich aus dem Grund, daß der Kontakt zu einer Stadt oder Region, wo sie aufgrund eines Feldzuges oder eines Bündnisses Fuß faßten, nicht abbrechen konnte. Abgesehen von Zufahrtswegen für die Versorgung einer Stadt dienten diese ersten Straßen ansonsten vorwiegend militärischen Zwecken, wie der schnellen Truppenverlegung und der Grenzsicherung, was für das römische Reich lebenswichtig war, weil es sich ganz wesentlich auf seine Militärmacht stützte. Aber da eine Militärmacht nur so lange gefürchtet bleibt, wie sie ohne Zeitverlust Truppen mit unverminderter Schlagkraft überall einsetzen kann, braucht es dafür ein tadellos funktionierendes Verkehrswegesystem. Auch für die Nachrichtenübermittlung war das Straßennetz von größter Wichtigkeit, denn wie sonst sollte jeder Statthalter in den Provinzen von den jüngsten politischen Entwicklungen in Rom nur wenige Tage später erfahren. Mit der Zeit nahmen die militärischen Bedürfnisse für den
Straßenbau ab, da das römische Reich in der frühen Kaiserzeit eine stabile
Ordnung im ganzen Abendland sicherte und sich dadurch der internationale Handel
entfaltete. Alte Städte blühten auf, neue wurden gegründet und wollten mit
der Hauptstadt verbunden sein. Der internationale Handelsverkehr ging in alle
Richtungen. Außerdem gab es so etwas wie Tourismus. Man reiste zur
Weiterbildung nach Griechenland, machte eine Kur in einem Heilbadeort oder eine
fromme Pilgerreise zu einem Heiligtum. Der daraus entstandene Wunsch nach mehr
Reisekomfort veränderte, wie schon erwähnt, die Art des Straßenbaus.
Die Ausbildung der großen HauptverkehrsstraßenAls eine der ersten römischen Straßen gilt die aus der Vorzeit
stammende Via Salaria (von Rom an die Adria). Als nächste große Straße folgte
334 v. Chr. die Via Latina, die 312 v. Chr. von der Via Appia ergänzt wurde,
die von Rom nach Capua und später über Tarentum (Tarent) nach Brundisium
(Brindisi) führte. Darauf folgte 241 v. Chr. die Via Aurelia; sie läuft an der
Westküste nach Norden bis Pisae (Pisa). 220 v. Chr. wurde die Via Flaminia von
Rom nach Ariminum (Rimini) gebaut, die 187 v. Chr. von der Via Aemilia ergänzt
wurde, die in der heutigen Emilia Romagna und der Poebene verläuft.
Reisen im alten RomFür die Römer war Reisen eine Anstrengung, die man lieber vermied, die aber angesichts der Ausdehnung des Reiches immer notwendiger wurde. Die römischen Straßen dienten trotzdem mehr der Personen- als der Güterbeförderung, denn besonders die schweren Transporte wurden auf das Wasser verlegt und nur die nötigsten Dinge, wie für die Versorgung einer Stadt, auf der Straße transportiert. Man reiste, wenn es möglich war, in einer größeren Gruppe, da dies mehr Schutz gegen Straßenräuber bot.
Es gab, je nach Bedürfnis des Reisenden, eine Vielzahl verschiedener Wagen. Wollte man recht schnell vorwärtskommen und hatte wenig Gepäck, so nahm man einen zweirädrigen Wagen wie das essedum, das wahrscheinlich einem keltischen Kriegswagen nachempfunden war, oder das cisium, das leichter als das essedum war und für kurze Strecken auf guten Straßen verwendet wurde. Für sehr kurze Wege und den Stadtverkehr gab es das elegante carpentum oder die lectica. Diese Wagen waren mit bis zu 2 Pferden oder 3 Maultieren bespannt. Bei größerem Gepäck war ein vierrädriger Wagen unerläßlich, doch auch hier gab es verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Das schnellste Gefährt war die carruca. Man konnte in ihr sogar während der Reise schlafen (carruca dormitoria). Sie scheint eine Art "Luxuskarosse" gewesen zu sein, denn sie war reichlich mit Quasten und Gold verziert. In der ausgehenden Kaiserzeit war die raeda sehr beliebt, ebenso das pilentum, das von Maultieren, die Glöckchen trugen, gezogen wurde. Zum Warentransport wurde das plaustrum benutzt oder bei schweren Lasten das serracum oder das saccarium. Alle drei besaßen Scheibenräder aus Holz und wurden von Ochsen gezogen. Im Heer fand besonders der carrus und das clabularium Verwendung, wobei der carrus auch von den Kelten stammte.
Die meisten der römischen Wagen besaßen bis auf einige Ausnahmen starre Achsen. Das hieß für einen Reisenden, so schnell er auch fahren könnte, wenn er einmal in die Spurrillen auf den Straßen hineingeraten war und versuchen wollte ein langsames Ochsengespann zu überholen, riskierte er mindestens einen Achsenbruch. Da die römischen Wagen auch keine Bremsen hatten, war es besonders an Steigungen oder Gefällen sehr gefährlich, wenn die Zugtiere keinen Halt mehr fanden oder ins Rennen gerieten. Verletzte und Verkehrstote waren keine Seltenheit. Trotz dieser Vielzahl an Wagen gab es noch einen großen Teil der Bevölkerung,
wie arme Leute und Legionäre, die zu Fuß reisten. Dies war bei weitem die
beschwerlichste und gefährlichste Art, sich auf Roms Straßen fortzubewegen, da
Ortschaften oft mehrere Tagesmärsche auseinander lagen und man sich trotz Maßnahmen
gegen Straßenräuber nicht immer der Absichten der anderen Straßenbenutzer
sicher sein konnte. Also benutzte man, sobald man sich es leisten konnte, einen
Esel, der recht robust war und auch noch zusätzliche Lasten tragen konnte.
An den Straßen dienten außerdem Meilensteine als Orientierungshilfe. Von ihnen kennt man ungefähr 4.000 Stück. Sie waren meistens 1,5 - 4 m hohe Steinsäulen, auf denen neben der Entfernung zur nächsten Stadt auch der Name des Erbauers und des Förderers der Straße stand. Viele von ihnen tragen auch langatmige Kaiserinschriften, zu deren Verständnis man wissen muß, worum es sich handelt. In der Regel finden sich Meilensteine im Abstand von einer röm. Meile
(1,4815 km). Daß sie an manchen Strecken nur spärlich oder gar nicht vorhanden
sind, versucht man mit Sparmaßnahmen zu begründen, aufgrund derer Meilensteine
auch aus Holz gefertigt wurden und nicht überdauerten. Der bekannteste
Meilenstein ist der 20 v. Chr. aufgestellte "Goldene Meilenstein" des
Augustus, der sich auf dem Forum Romanum beim Saturntempel befand und dessen
Trommel heute noch dort liegt. In Vicarello in Mittelitalien, einem berühmten Kur- und Badeort der Antike, fand man kleine Nachbildungen von Meilensteinen, die z. T. mit sämtlichen Stationen von Spanien bis Vicarello beschriftet waren. Sie dienten wahrscheinlich als Reiseführer und wurden einer Gottheit am Ende der Reise als Weihegeschenk gegeben. (Vielleicht der Stata Mater, Genossin des Vulcanus und Schutzgöttin der Straßen).
Straßen in den StädtenStraßen in den Städten wurden bei Neugründungen bevorzugt
rechtwinklig ausgerichtet, denn dies erlaubte einen besseren Überblick und eine
Einteilung in Stadtviertel. Die Straßen waren meistens gepflastert. Damit Fußgänger
sauberen und trockenen Fußes von einem Gehsteig zum anderen kommen konnten,
hatten sie erhöhte Steine im Pflaster, über die man gehen konnte und zwischen
denen Karren oder Wagen gut hindurch fahren konnten. Außerdem mußten die
Erbauer von Privathäusern auf eigene Kosten den Gehweg an ihrem Grundstück überdachen
lassen, damit es auf dem Gehweg schattig und bei Regen trocken war.
Die Gründe für den Verfall der Straßen und was von ihnen überdauerteFür den Verfall der Straßen gibt es eine Vielzahl an Gründen. Die
Entwicklung bahnte sich von langem an. Verschwenderische Importe von
Luxusartikeln und hohe Militärlasten ließen die Volkswirtschaft (Gesamtheit
der Einzelwirtschaften eines Staatsgebietes) schrumpfen; was sich in
Jahrhunderten zu einer Geldwirtschaft (Wirtschaftsform, in der der Güteraustausch
aus zwei versch. Kaufakten besteht (Waren gegen Geld, Geld gegen Waren)) mit
einem weltweiten Handel entwickelt hatte, fiel unter der Teuerung zu einer
reinen Warenwirtschaft zusammen. Da das Geld kaum mehr etwas wert war, hielt man
sich wieder an die Naturprodukte und kehrte an manchen Orten zu einem primitiven
Tauschhandel zurück. Die großen Städte waren kaum mehr lebensfähig: viele
verfielen, andere verloren an Einwohnern. Da der Handel mancherorts auf Null zurückging,
wurden die Straßen kaum mehr gebraucht und, da der Staat ohnehin die nötigen
Mittel nicht mehr aufbrachte, auch nicht mehr unterhalten. Aber trotz all dieser widrigen Umstände, findet man immer noch Überreste
und Auswirkungen des römischen Straßennetzes in unserer Zeit. So trugen bis
ins 19. Jh. römische Straßen den Großteil des europäischen Verkehrs. Selbst
nach der Einführung der Eisenbahnen folgten diese meist den Trassen aus der Römerzeit.
Und selbst diejenigen, die die Römer als Herrscher abgelöst hatten und die
Straßen verfallen ließen, profitierten später von ihnen. Die Germanen übernahmen
nach einiger Gewöhnungszeit die Art der römischen Stadtanlagen (z. B. die
"Lauben" in Bozen: überdachte Gehwege). Außerdem diente die Via
Claudia Augusta von Verona über den Brenner nach Augsburg (Augusta Vindelicum)
den Herrschern des Mittelalters für ihre Italienzüge.
Straßen sogar ein Thema für die Dichtungprimus labor inchoare sulcos Die erste Arbeit ist, Furchen anzufangen
Zeittafel
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